Mathematik einmal praktisch Es muss nicht immer eine weite Reise sein: Auch in der näheren Umgebung lässt sich Neues und Schönes entdecken. ren stiegen von Bergrettern begleitet selbst ab. Zwei Schüler:innen verletzten sich bei der missglückten Wanderung leicht. Den richtigen Weg finden Eine Wanderkarte und ein Kompass sollten auch im Zeitalter von Google Maps und di- versen Wanderapps immer dabei sein. „Be- vor ich mit einer Klasse starte, schauen wir uns auf der Karte Ziel und Wegstrecke an, um einen Überblick zu bekommen. Wir be- stimmen auch die Himmelsrichtungen und übertragen das Kartenbild auf die Wirklich- keit“, berichtet Stefan Österle. Auf diese Weise lernen die Schüler:innen, sich zu ori- entieren. Unterwegs dürfen dann alle Kinder mal die Klasse anführen. „Das lässt sie ih- re Selbstwirksamkeit spüren und stärkt ihr Selbstvertrauen“, weiß Stefan Österle. Grundschulkinder genießen es, einfach nur durchs Unterholz zu streifen, Tiere zu beob- achten – und sich dabei auch mal dreckig zu machen. Für Jugendliche wird die Wande- rung zum kleinen Abenteuer, wenn sie nicht mit der ganzen Klasse der Lehrkraft folgen, sondern einzeln oder in kleinen Gruppen mit Karte, Kompass, GPS-Gerät, Wegzeichen oder auch natürlichen Orientierungshilfen ihren eigenen Weg zum Ziel oder zu festge- legten Wegpunkten finden müssen. Die Su- che nach bestimmten Pflanzen, Tieren oder die Entnahme von Gewässerproben machen eine Wanderung ebenfalls zum lehrreichen Erlebnis. © Katja Ritter Nicht nur Themen aus dem Sachkunde- oder Biologieunterricht können beim Wandern be- handelt werden. Ein vom Deutschen Wander verband in Kooperation mit dem Institut für Erziehungswissenschaft der Johannes- Gutenberg-Universität Mainz durchgeführ- tes Modellprojekt zeigt, dass beispielsweise auch Mathematik und Deutsch an außer- schulischen Lernorten hervorragend vermit- telt werden können. „Ich lasse die Schüler:innen unterwegs oft die Höhe eines Baumes schätzen. Anschlie- ßend bestimmen wir anhand des mathema- tischen Strahlensatzes, wie hoch er wirklich ist“, nennt Stefan Österle ein Beispiel. So manchem geht dabei ein Licht auf – und er oder sie erkennt den Sinn des Mathematik- unterrichts. Was die Schüler:innen auf die- se Art lernen, merken sie sich oft besonders gut. „Lerninhalte werden im Gehirn tiefer ab- gespeichert, wenn sie mit Erlebnissen ver- bunden sind“, sagt Stefan Österle. Auch die Bewegung an der frischen Luft erleichtert das Lernen. Denn körperliche Aktivität stei- gert Gedächtnis- und Lernleistungen, Auf- merksamkeit und Kreativität. Draußentage haben viele Vorteile Besonders nachhaltig ist der Effekt, wenn Klassen nicht nur gelegentlich wandern, sondern den Unterricht regelmäßig aus dem Klassenzimmer ins Freie verlegen. In Skandinavien gehört die Uteskole, die Drau- ßenschule, schon seit den 1990er-Jahren zum Schulalltag: Vor allem in Primar-, aber auch in vielen Sekundarschulen gehen die i Draußen macht Schule | vielfältig Draußenunterricht leistet einen wichtigen Beitrag zu einer Bildung der Zukunftskompeten- zen – das belegen verschiedene Studien. Das (nachhaltige) Lernen außerhalb des Klassen - zimmers steht im Mittelpunkt der Tagung „Draußen macht Schule | vielfältig“, die der SDW Landesverband Bayern e.V., die Stiftung „Wir helfen dem Wald“ und das 2021 gegründete Netz - werk Draußenunterricht vom 27. bis 29. Oktober 2022 in Bad Sulza in Thüringen veranstalten. Neben Vorträgen, die über den Stand der Forschung zum Draußenlernen informieren und Ein - blicke in die Praxis der Outdoor Education in anderen Ländern und an Schulen in Deutschland geben, stehen praktische Workshops auf dem Veranstaltungsprogramm. Zudem bietet die Ta - gung den Teilnehmenden Gelegenheit zum Austausch, Kennenlernen und Ausprobieren. Anmeldung und Informationen: https://draussenunterricht.de/tagung Jugendliche schätzen es, den eigenen Weg zu suchen und zu finden. © istockphoto.com/AntonioGuillem 58 bildung SPEZIAL 2| 2022
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