Schule digital Professorin Ira Diethelm, die die Weiterbil- dung für Lehrkräfte in Niedersachsen mit konzipiert hat. Sie will vor allem Lehrerin- nen aus Nicht-MINT-Fächern ermutigen, die Informatik-W eiterbildung zu wagen. „Man braucht in der Regel kein Mathestudium und keine Programmierkenntnisse, um die Fort- bildung erfolgreich abzuschließen. Neu- gierde, Interesse an der Informatik und an logischem Denken reichen aus“, sagt sie. Von Kollegen, die scheinbar viel mehr kön- nen und alles besser wissen, sollten sich Lehrerinnen nicht abschrecken lassen. Ver- schiedene Studien zeigen, dass Männer und Jungen ihre digitalen Kompetenzen häufig überschätzen; Frauen und Mädchen unter- schätzen ihre Fähigkeiten und Kenntnisse dagegen oft und trauen sich weniger zu – nicht nur, aber auch wenn es um Computer geht (vgl. z. B. ICILS13 und ICILS18). © istockphoto.com/monkeybusinessimages Informatiklehrerinnen bringen oft andere Themen in den Unterricht ein. Davon profitieren Mädchen und Jungen. Vorbilder gesucht Das Klischee des „männlichen Nerds“ prägt immer noch das Bild der Informatik. Gerade deshalb sind Informatiklehrerinnen wichtig: Schülerinnen brauchen Vorbilder, an denen sie sich orientieren können und die bewei- sen, dass Informatik keineswegs nur Män- nersache ist. Informatiklehrerinnen bringen oft auch an- dere Themen und Aufgabenstellungen in den Unterricht ein. Die Aufgabe, ein Renn- auto zu programmieren, spricht eher Jun- gen an. Mädchen sind motivierter, wenn sie beispielsweise einen Mikrocontroller als Fitnesstracker oder eine Alarmanlage pro- grammieren können. Gesundheitsthemen, Sicherheit und auch Umweltthemen interes- sieren die Jungen ebenfalls. Und so können von der anderen Herangehensweise der In- formatiklehrerinnen alle profitieren. Informatikunterricht für alle Dass Informatik in allen Bundesländern Pflichtfach werden sollte, steht für Pro- i Mädchen früh fördern In der fünften Klasse steht die Informatikwelt den Mädchen scheinbar noch offen. Doch mit steigendem Alter sinkt ihr Interesse an Informatik, während es bei Jungs steigt. Dies zeigt eine Studie des nexus-Instituts, die die Beteiligung von Mädchen an den vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geförderten bundesweiten Informatik wettbewerben (BWINF) untersucht hat. Beim Informatik-Bieber, dem größten Online-Schüler:innenwettbewerb im Bereich Informatik in Deutschland, lag der Mädchenanteil insgesamt bei 46,1 Prozent. In Klassenstufe fünf und sechs waren sogar 50 Pro - zent der Teilnehmer:innen weiblich; in der Oberstufe dagegen nur noch 35 Prozent. Im Leistungsbereich, dem Bundeswettbewerb Informa- tik mit etwa 1.600 Teilnehmenden, sank der Anteil der Mädchen von 15 Prozent in der ersten Runde auf 7 Prozent in der Endrunde. Viele Mädchen nehmen Informatik eher als „etwas für Jungs“ wahr – auch weil AGs und Kurse in der Schule deutlich männerdominiert sind. Informatiklehrkräfte sind – soweit vorhanden – ebenfalls meist männ- lich. Zudem schreckt das Bild vom kontaktscheuen Nerd, der den gan- zen Tag allein am Computer verbringt, Schülerinnen mehr ab als Schü- ler. Weitere Hürden sind der Studie zufolge das Fehlen von engen Kontaktpersonen oder einer sozialen Gemeinschaft im Informatik bereich. Das Gefühl von Gemeinschaft ist Mädchen wichtig. Sie beteiligen sich häufiger an einem Informatikwettbewerb, wenn bereits andere Schüle- rinnen aus der Klasse mitmachen. Auch mangelnde Unterstützung von Lehrkräften, wenig Teamarbeit und wenig Förderung in der Schule ver- hindern, dass mehr Mädchen sich für die Wettbewerbe interessieren. Zudem fehlt es Mädchen oft an Vertrauen in ihre Informatikkenntnisse. In allen drei Wettbewerben sind die Teilnehmerinnen überraschter als die Teilnehmer, wenn sie gute Ergebnisse erzielen. „Um gesellschaftliche Stereotypen zu brechen, müssen in der Bildung bereits früh Berührungspunkte zur Informatik geschaffen werden: durch erste informatische Inhalte in der Grundschule und ein verpflich- tendes Schulfach Informatik spätestens ab der Mittelstufe“, betont Christine Regitz, Präsidentin der Gesellschaft für Informatik (GI). Zu- dem sind außerschulische und schulübergreifende Angebote nötig. Die Vermittlung der Informatik in gemeinschaftlichen Lern-Settings und ko- kreativen Prozessen sowie weibliche Vorbilder und Bezugspersonen könnten der Studie zufolge das Interesse der Mädchen an Informatik und die Beteiligung an den Informatikwettbewerben ebenfalls steigern. Die Studie „Weibliche Beteiligung an den bundesweiten Informatikwett- bewerben“ und die Kurzfassung sind abrufbar unter www.gi.de. bildung SPEZIAL 2| 2022 33
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