Gegen den toxischen Stress Healing Classrooms: So wird die Schule zum verlässlichen Lernort In Deutschland leben viele geflüchtete Kinder und Jugendliche und sie gehen hier zur Schule. Sie sind neugierig, begabt und sprechen oft mehrere Sprachen. Nicht selten haben sie jedoch vor, während und nach der Flucht belastende Erfahrungen gemacht, die ihre Fähigkeiten überschatten. Die Schule kann als stabiles und sicheres Umfeld dazu beitragen, dass auch diese Kinder ihre Potenziale voll entfalten. Wie das gelingen kann, zeigt das IRC-Projekt Healing Classrooms. An gutem Willen und Motivation mangelt es nicht. Doch manchmal stoßen Lehrkräfte, die geflüchtete Kinder und Jugendliche unterrichten, an ihre Grenzen. „Ich hatte oft das Gefühl, dass es nicht ausreicht, sosehr ich mich bemüht habe. Die Kinder haben ihr Lernpotenzial teilweise nicht ausgeschöpft, obwohl sie intelligent und wissbegierig waren“, berichtet Regina Osladil. Sie hat 25 Jahre als Grundschullehrerin gearbeitet; jetzt organisiert sie als pädagogische Mitarbeiterin am Kommunalen Integrationszentrum Herne (KI) unter anderem Qualifizierungen für pädagogische Fachkräfte an Schulen. Die Seminare im Rahmen des Programms Healing Classrooms sollen die Pädagoginnen und Pädagogen für die psychosozialen Belastungen geflüchteter und neu zugewanderter Kinder und Jugendlicher sensibilisieren, um ihnen den Einstieg in die Schule und ins Leben in Deutschland zu erleichtern. Das ist nötig: Viele geflüchtete Schülerinnen und Schüler haben vor, auf und auch noch nach der Flucht belastende Erfahrungen gemacht – mit gravierenden Folgen: „Es beeinträchtigt die Entwicklung des Gehirns, wenn Kinder längere Zeit starkem Stress ausgesetzt sind. Dieser toxische Stress kann sich negativ auf die kognitiven Fähigkeiten und die Konzentration, auf das Verhalten sowie die sozialen Beziehungen auswirken. Die Kinder sind zum Beispiel weniger zuversichtlich als andere und es fällt ihnen oft schwer, Freundschaften zu schließen. Es können sogar bleibende körperliche und geistige Schäden eintreten“, fasst Franziska Mönnich, Referentin für Bildung bei International Rescue Committee (IRC), die Ergebnisse neurobiologischer Studien zusammen. Die negativen Folgen von toxischem Stress können allerdings abgemildert oder sogar aufgelöst werden. „Kinder sind sehr resi lient. Um die traumatischen Erfahrungen zu überwinden und ihr Potenzial zu entfalten, brauchen sie vor allem ein stabilisierendes und beständiges Umfeld – und Erwachsene, die ihnen zur Seite stehen und das sozial- emotionale Lernen gezielt fördern“, erklärt die IRC-Bildungsreferentin. i EU fördert Fortbildung Das Projekt „Healing Classrooms – Resi lienzförderung und psychosoziale Unter stützung im Unterricht für zugewanderte Schülerinnen und Schüler“ wird in Koope ration mit der SchlaU Werkstatt für Migra tionspädagogik durchgeführt und aus Mitteln des Asyl-, Migrations- und Inte grationsfonds der Europäischen Union ko finanzier t. © IRC/A. Falcon Sich bei der Hand nehmen, sich gegenseitig helfen. In die Übungen sollte immer die ganze Klasse einbezogen werden. 12 bildungSPEZIAL 2| 2020
Download PDF file