MINT IN DER PRAXIS Lesen – schreiben – MINT Wie außerschulische Angebote mehr Qualität in den Ganztag bringen können Wenn der Ganztag mehr als nur Betreuung sein soll, kommen Schulen nicht umhin, im Ganztag auch Zukunftskompe- tenzen („21st century skills“) zu vermitteln. Hierbei spielen die MINT-Fächer eine zentrale Rolle. Deshalb setzt sich das Nationale MINT Forum für die Integration außerschulischer MINT-Angebote in den Ganztag ein. Schließlich liegen die Vorteile auf der Hand, wenngleich die Situation in den Bundesländern kaum unterschiedlicher sein könnte. A b dem Jahr 2026 wird stufenweise der Rechtsanspruch auf einen Ganztags- schulplatz für jedes Grundschulkind in Deutschland eingeführt. Der Bund hat dafür die notwendigen finanziellen Mittel zur Verfügung gestellt, die Umsetzung liegt bei den Län- dern und Kommunen. Die Ko- alition aus SPD, FDP und den Grünen hat sich im Jahr 2021 nicht nur den Ausbau der Plätze, sondern auch mehr Qualität für die Bildung im Ganztag in ihren Koalitions- vertrag geschrieben. Das Nationale MINT Forum plä- diert für die Entwicklung des Ganztages als einen echten Bil- dungsort – und die strukturelle Einbindung der außerschulischen MINT-Lernszene. Denn die MINT-Fä- cher Mathematik, Informatik, Naturwis- senschaften und Technik können – richtig genutzt – ein wichtiger Teil der Lösung sein. Wie in vielen Bereichen der Bildung beste- hen auch im Ganztag im Primarbereich große Unterschiede zwischen den Bundesländern. Während in vielen Stadtstaaten mittlerweile eine gute Versorgung für nahezu alle Grund- schulkinder für den Besuch von (zumeist) offenen Ganztagsgrundschulen vorherrscht, sieht es in den Flächenländern häufig anders aus. Die Ganztagsquoten an Grundschulen variieren zwischen 98,6 Prozent (Hamburg), 82,2 Prozent (Berlin), 48 Prozent (Rheinland- Pfalz) und 17,8 Prozent (Bayern). Der Bun- desdurchschnitt liegt bei 47,5 Prozent (Zah- len von 2021, Quelle: Bildungsmonitor 2023). Diese Zahlen offenbaren bereits ein erstes Di- lemma: Die einzelnen Bundesländer starten mit sehr unterschiedlichen Voraussetzungen Das Nationale MINT Forum setzt sich dafür ein, das forschende und entdeckende Lernen mit MINT-Bezug in den Ganztag zu integrieren ©stock.adobe.com, Halfpoint in den Ganztagsplatzausbau bis 2026. Für einige gilt es, zunächst überhaupt die nicht vorhandene Infrastruktur wie Gebäude und Flächen zu errichten und bereitzustellen, an- dere wiederum, die bereits über ein System und eine heute schon gute Quote an Plätzen verfügen, müssen deutlich in Personal, Kon- zepte und die Qualität investieren. Schätzun- gen gehen davon aus, dass der bundesweite Bedarf an Ganztagsschulplätzen bis 2030 bei zusätzlich etwa 600.000 Plätzen liegen wird. Angesichts dieser umfassenden Bedarfe be- klagen Länder und Kommunen, dass sie den Rechtsanspruch nicht erfüllen kön- nen. Als einer der Hauptgründe dafür wird der massive Fachkräfteman- gel im Bereich der Pädagog:innen angegeben, zudem stünden langwierige Genehmigungs- und Planungsverfahren für Neubauten einer zügigen Schaffung von neuen Räum- lichkeiten im Wege. MINT im Ganztag: Po- tenzial für Qualität, Chancen und Teilhabe Der Ausbau der Ganztagsschulan- gebote folgt in Deutschland der Le- benswirklichkeit vieler Familien. Für die Betreuung der unter 6-jährigen Kinder gibt es einen Rechtsanspruch – die logische Konsequenz muss der dann folgende Ganz- tagsgrundschulplatz sein. Aber wir möch- ten die Diskussion nicht allein unter dem „Betreuungsa spekt“ führen. Denn ein quali- tativ hochwertiges Angebot muss viel mehr sein: Es muss ein Bildungsangebot für alle Kinder sein. Viele von uns wurden durch die Zahlen des letzten IQB-Bildungstrends erschüttert: Rund 20 Prozent der Grundschüler:innen können nach der vierten Klasse nicht richtig lesen, schreiben und rechnen. Wenn unser Schul- system aber nicht einmal die Vermittlung die- ser Basiskompetenzen leisten kann, welchen Anspruch können wir dann an dieses System haben, wenn es um die Vermittlung von Zu- kunftskompetenzen, den sogenannten „21 22 bildung+ science 2023
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