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Schule + natur © Fränze Stein Beim Anblick dieser Blumenwiese möchte man gerne selbst Biene sein. schichten aus dem Erfahrungsschatz von spürbar begeisterten Begleitpersonen. Der methodische Einsatz des Storytellings er- möglicht Kindern dabei einen unbeschwerte- ren, fantasier­ eicheren Zugang zum vielleicht noch Unbekannten. Beispielszenario Insektenwiese Eine Idee des geschichtenbasierten, fächer- übergreifenden Draußenlernens soll hier als praxisbezogener und daher alltagstauglicher Forschungsauftrag stark verkürzt anskizziert werden: „Stelle dir vor, du wärst eine Wildbiene auf der Suche nach Pollen für deine Larvenkinder und Nektar für dich als „Flugbenzin“. Fliege die Schulhofwiese (alternativ: den Stadtpark, den Grünstreifen am Wegrand, den Blühstrei- fen am Parkplatz etc.) ab! Erforsche und be- richte, wie lange du für den Besuch von 15 verschiedenen (alternativ: gelben, violetten etc.) Blüten brauchst. Triffst du unterwegs auf andere Insekten, zum Beispiel Käfer oder Fliegen? Wie viele Beine haben sie? Wo hal- ten sie sich auf? Vielleicht triffst du auch auf ein paar fleißig sammelnde Honigbienen. Sie wohnen im nahen Bienenstock einer Imkerin und erzählen dir von ihrer Arbeit: „Die Imke- rin schleudert den Honig aus den Waben aus und verkauft ihn in kleinen Gläsern auf dem Wochenmarkt. Manche Menschen wundern sich über den hohen Preis von Honig aus der eigenen Region.“ Die Honigbiene kann das gar nicht verstehen. Sie hat unglaublich viel Arbeit damit. Sie kann jeden Flugtag nur et- wa 9 Gramm Honig herstellen. Das ist etwas weniger, als auf einen Teelöffel passt. Du bist froh, denn als Wildbiene darfst du deinen ge- sammelten Nektar selbst behalten. Nach ge- taner Arbeit überlegst du, wie weit du heute zwischen deinem Nest und den Blüten hin- und herfliegen musstest. Für die große Wiesenkonferenz darfst du als Wildbiene die Wünsche für deine perfek- te Lieblingswiese darstellen. Gestalte ein Poster mit anderen ‚Wildbienen‘ aus deiner Klasse“. Weitere praxisbezogene Ideen und Er- kenntnisse auf der Insektenwiese: ▶ Wahrnehmungsschulung: bewusstes, konzentriertes und aufmerksames Beob- achten der Wiese, ihrer Pflanzen und Be- wohner ▶ Kreativität: Auf einer Wiesenkonferenz darfst du … ▶ Empathie: Ich stelle fest, hier gibt es nicht besonders viel Nahrung, und kann mich in die Not der Insekten hineinversetzen. ▶ Kooperation: Wie kann ich mich für die Lö- sung des Auftrags mit anderen zusam- mentun? ▶ Zusammenhänge: Ich stelle fest, hier gibt es nicht viel Nahrung. Darum habe ich wohl auch nicht so viele Insekten beob- achten können. ▶ Selbstwirksamkeit: Ich stelle fest, hier gibt es nicht viel Insektennahrung und schlage eine Idee vor, wie wir das viel- leicht ändern können. ▶ Recherchearbeit: Wie weit können Bienen auf der Suche nach Nahrung überhaupt fliegen? Wie groß darf der Abstand zwi- schen Nisthilfe und Nahrungsangebot maximal sein? ▶ fächerübergreifendes Arbeiten, z. B. Ma - thematik: Wie viele Tage sammelt ei- ne einzelne Honigbiene, damit ein 50-Gramm-Glas gefüllt werden kann? Fränze Stein NATURPARK Schwarzwald Mitte/Nord e. V. Literatur Raith, A., Lude, A. (2014): Startkapital Natur. Wie Natur- erfahrung die kindliche Entwicklung fördert. Forum Bil- dung Natur. 6 bildung+ lernen | 2024

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ADVERTORIAL Wann waren Sie das letzte Mal neugierig? Lernen in und mit der Natur Eine sprudelnde Quelle für neue Entdeckungen und Fragen ist die Natur. Dabei sind Schulhöfe und Stadtparks ­genauso gemeint wie Schutzgebiete mit Wäldern, Wiesen und Gewässern. Mit offenen Sinnen erschließen sich überall kleine Wunder. Wenn ich selbst staunend und fragend mit meinem Kind spazieren gehe, stecke ich es an. Wie duftet diese Blüte? Welcher Vogel singt gerade? Es will teilhaben an meiner Freude und an meinen Entdeckun- gen. Und gleichzeitig entwickelt es auch eigene Begeisterung für Dinge, die wiederum mich mitreißen, zum Beispiel das Pflücken von Pusteblumen. E gal ob allein, in der Rolle als Eltern oder als Pädagog:in: Die Natur schenkt uns einen Raum für die Entfaltung bzw. Wieder­ entdeckung unserer Neugier und unserer Sin- ne. Auch im Kontext von Schule ist die Natur ein idealer Ort für Lernen aus eigenem Antrieb. Baumentdeckung Ein Beispiel: Ich gehe mit meinen Schüler:innen auf den Schulhof oder in einen angrenzen- den Park. Vor uns steht ein prächtiger Baum. Sagen wir, es ist eine Buchenart. Das spielt aber erst einmal keine Rolle. Zuerst bewunde- re ich die Gestalt des Baums. Ich frage mei- ne Schüler:innen: Was fällt euch auf an dem Baum? Was seht ihr darin? Vielleicht fällt mir eine Geschichte ein, wie der Baum an den Ort gekommen ist. Ich arbeite weiter mit Fragen, die die Sinne ansprechen: Wie fühlt sich die Rinde an? Wie riecht der Baum? Welche Vogel­ stimmen hört ihr? Im Frühling: Wie schme- cken die jungen Blätter? Wir tauschen uns di- rekt über unsere Erfahrungen aus. Wollen die Schüler:innen wissen, um welchen Baum es Selbst neugierig sein, Neugier wecken und die Schüler:innen entdecken lassen – das sind Eckpfeiler der Wildnispädagogik. sich handelt, verteile ich Bestimmungsbücher. Zum Ende frage ich: Welche Fragen habt ihr zu dem Baum? Gleichzeitig teile ich meine Fra- gen: Welche Tierarten beherbergt der Baum typischerweise? Wie pflanzt er sich fort? Aus den Fragen ergeben sich verschiedene Recher- cheaufträge, die in Gruppen erarbeitet werden. Ich verfolge mit dieser Art der Baum­ entdeckung (zum Beispiel im Rahmen des Biologieunterrichts) folgende Ziele: Ich bin in einer möglichst naturnahen Umgebung mit meinen Schüler:innen und bewege mich mit ihnen, was sich wiederum positiv auf un- ser aller Gesundheit auswirkt. Ich bin selbst neugierig und erwecke Neugier. Ich lasse die Schüler:innen entdecken, ich lade Fragen ein und stelle selbst welche. Diese Herangehens- weise ans Lernen wird zum Beispiel in der Wildnispädagogik verfolgt. Sie orientiert sich an der Jahrtausende lang gewachsenen „Di- daktik“ indigener Kulturen, in denen Wissen durch Nachahmen und durch das Teilen in Gemeinschaft weitergegeben wird. In unserem Handbuch „Natur verbindet!“ finden Sie tiefergehende Informationen zum didaktischen Ansatz der Wildnispädagogik und vor allem praktische Anleitungen zu sinn- lich-spielerischen Entdeckungen in und mit der Natur. Sie können unser Handbuch kos- tenlos herunterladen: https://www.wwf.de/ aktiv-werden/bildungsarbeit-lehrerservice/ natur/handbuch-natur-verbindet. Über jede Spende dafür freuen wir uns! Viel Freude beim gemeinsamen Entdecken wünscht Ihnen Ivonne Drößler im Namen des WWF Bildungsteams bildung+ lernen 2024 7 © stock.adobe.com, moodboard

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