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Die außerschulische MINT- Lernszene – ein echtes Pfund Ein Beispiel für die MINT-Integration in den Ganztag ist die Henkel Forscherwelt. Hier entstanden aus Ferienkursen mehrwöchige (Unterrichts-)Module und später Ganztagsangebote. century skills“ geht? Wir sehen hier einen Zu- sammenhang und ein hohes Potenzial für MINT-Fächer. Denn das forschende und ent- deckende Lernen hat einen direkten Bezug zum besseren Erwerb von Lese- und Sprach- kompetenzen: Wer sich für bestimmte Zu- sammenhänge oder Phänomene interessiert, ist motivierter, darüber zu lesen und darüber zu sprechen – und bekommt so wiederum Zugang zu weiteren, interessanten Themen. i MINTvernetzt Die MINT-Vernetzungsstelle Deutschland, MINTvernetzt, ist das Dach für die außerschu- lische MINT-Bildung in Deutschland. MINTver- netzt wird vom Bundesministerium für Bildung und Forschung gefördert und als Verbund von Mitarbeitenden der Körber-Stiftung, der mat- rix gGmbH, dem Nationalen MINT Forum e. V., dem Stifterverband und der Universität Re- gensburg gemeinsam umgesetzt. MINTver- netzt schafft ein Netzwerk für die MINT-Bil- dungslandschaft, das bestehende Initiativen und Akteur:innen aktiv einbindet und in ihrer Arbeit unterstützt. Weitere Informationen on- line unter www.mintvernetzt.de. Es braucht praxisnahe und spannende Lern inhalte. Schüler:innen müssen in die Lage ver- setzt werden, echte Probleme lösen zu dürfen, Experimente zu beschreiben oder Hypothe- sen zu formulieren. Das alles schaffen die MINT-Disziplinen. Unsere Bildungseinrichtun- gen müssen die Möglichkeit haben, den fol- genden Generationen diese Zukunftskompe- tenzen zu vermitteln. Wir sind jedoch nicht der Meinung, dass die- ses Ziel durch den Ruf nach dem Aus- und Umbau der Curricula sowie regelmäßig auch nach neuen Schulfächern der richtige Weg ist. Vielmehr müssen sich Schule und vor allem die Lehrer:innen wieder auf das konzentrie- ren dürfen, was ihre Kernaufgabe ist: das Un- terrichten. Für die vielen neuen und anderen Aufgaben, mit denen das Ökosystem Schule konfrontiert ist, braucht es zum einen neue Personalkategorien wie zum Beispiel Edu- cational Technologists und zum anderen In- halte, die auf neue Weise komplementär und kreativ den Kompetenzerwerb der Kinder un- terstützen. Der Ganztag kann hierfür die optimale Ergän- zung schaffen. Zudem könnte er nach der Realisierung des Rechtsanspruchs alle Kin- der erreichen – vor allen Dingen auch die, die durch das Elternhaus oder das Umfeld nicht die nötige Förderung erfahren. © Jahr Henkel AG & Co. KGaA Deutschland verfügt über eine sehr reiche Landschaft an außerschulischen MINT- Bildungsangeboten. Dazu zählen u. a. Coding- Initiativen, Schülerlabore, Makerspaces, Öko- werke, Schülerforschungszentren, Digi-Labs, Programmier-Workshops, Umweltbildungs- zentren und viele mehr. Im Gegensatz zur Schule sind diese Organisationen oftmals in der Lage, den Schüler:innen neueste techni- sche Innovationen anhand praktischer Bei- spiele näherzubringen, sie können Freiräu- me nutzen, indem sie etwa neue Lernmodelle mit einem spielerischen Zugang verknüpfen. Viele dieser Initiativen haben ihre Angebote bereits auf die Bedürfnisse und die potenziel- le Anbindung an Schulen ausgerichtet, leider fehlen häufig die Zugänge. Zudem ist die außerschulische MINT-Bil- dungslandschaft nicht so organisiert wie zum Beispiel Musikschulen oder Sportvereine, die ihren Platz im Ganztag teilweise bereits ge- funden haben. Wenn es gelingt, Angebote des forschenden und entdeckenden Lernens mit naturwissenschaftlich-technischem Bezug strukturell in die Angebote des Ganztags zu integrieren, könnte man Kindern ein hochwer- tiges Lernangebot unterbreiten. Damit würde man auch neue Zielgruppen erreichen – bzw. das Interesse aufrechterhalten. Aus der Forschung wissen wir, dass Mädchen und Jungen im Grundschulalter gleicherma- ßen an den MINT-Fächern interessiert sind – i Das Nationale MINT Forum Die Mitglieder des Nationalen MINT Forums – über 30 Verbände, Stiftungen, Hochschulorga- nisationen und Akademien – verstehen sich als die Stimme der MINT-Bildung. Sie wollen die Bedeutung der MINT-Bildung in den Fokus der öffentlichen Wahrnehmung rücken und ge- meinsam mit der Politik wirksame und quali- tätsorientierte MINT-Bildung vorantreiben. Zu diesem Zweck werden thematische Schwer- punkte gesetzt, dazu bildungspolitische Hand- lungsempfehlungen erarbeitet und ein intensi- ver Austausch mit Entscheidungsträgern aus Politik, Wissenschaft, Wirtschaft und Gesell- schaft gepflegt. Jährlicher Höhepunkt der Ak- tivitäten ist der Nationale MINT Gipfel. Weite- re Informationen gibt es unter www.nationales mintforum.de. 24 bildung+ science 2023
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mint in der praxis Prof. Dr.-Ing. Carsten Busch, seit 2023 Co-Spre - cher, vertritt im Nationalen MINT Forum die Hoch - schul-Allianz HAWtech und lehrt Medieninformatik an der HTW Berlin © HTW Berlin/Hahn-Hartung leider verlieren Mädchen später oft ihre Be- geisterung für diese Fächer. Die Einbindung außerschulischer Angebote kann helfen, die- ses Interesse aufrechtzuerhalten. Auch Kin- dern aus schwierigen sozioökonomischen Kontexten oder nicht deutscher Herkunft kön- nen über MINT-Angebote im Ganztag positi- ve Selbstwirksamkeitserfahrungen sammeln und diese dann später in den Unterrichts kontexten anwenden. Punktuell gibt es bereits Beispiele für solche strukturellen Kooperationen. So bietet zum Beispiel das „Open Roberta Lab“ regelmä- ßig Programmier-AGs in den Ganztagsange- boten der Berliner Grundschulen an. Ein wei- teres Beispiel ist die „Henkel Forscherwelt“: Aus Ferienkursen für Kinder der Mitarbeiten- den sind aufgrund der Begeisterung der Kin- der und des hohen Interesses mehrwöchige (Unterrichts-)Module und später Ganztagsan- gebote entstanden. Sucht man gezielt in den Bundesländern nach diesen Kooperationen, so wird man fündig, al- lerdings nicht flächendeckend. Zudem zeigt sich, dass es häufig auf das besondere per- sönliche Engagement einzelner Personen zu- rückzuführen ist, diese Angebote regelmäßig in die Angebote des Ganztags zu integrie- ren. Ob Kinder ein solches Angebot erhal- ten, ist also leider nicht von einem System abhängig. Hier manifestiert sich Bildungs- ungerechtigkeit. Mehr Vielfalt für Nachmittagsangebote Egal, welches Format der Ganztag hat – ob offen, teilgebunden oder gebunden –, der Ganztag muss das Selbstverständnis einer Bildungseinrichtung entwickeln, die in ih- rer individuellen Ausprägung gleichwertig mit der Arbeit im Schulunterricht ist. Er soll- te deswegen komplementär zum Unterricht gestaltet werden und dabei bewusst die im Ganztag vorhandenen Freiräume nutzen. Der Grundschule mit ihren beiden Teilen – Unter- richt und Ganztagsangebot – muss selbst- verständlich eine kontin uierliche Begleitung zur Organisationsentwicklung zur Verfügung gestellt werden. Edith Wolf, seit 2020 Co-Sprecherin des Nationa - len MINT Forums, ist im Hauptamt Vorständin der Vector Stiftung © Nationales MINT Forum MINT-Angebote können einen erheblichen Beitrag zur Vielfalt der Nachmittagsangebo- te leisten und einen echten Mehrwert an Bil- dung schaffen. Die Schulen sollten jetzt die entsprechenden Unterstützungssysteme er- halten, um diese Landschaft für sich im Sin- ne der Lernenden zu erschließen. Edith Wolf, Prof. Dr.-Ing. Carsten Busch Nationales MINT Forum Anzeige bildung+ science 2023 25








