EDITORIAL Es gilt das Feld zu bespielen, nicht zu entschlüsseln Mein zweitliebstes Wort ist Ambiguität, es klingt so geheimnisvoll wie die Erklärung: Von einer Mehrdeutigkeit oder einer Ambiguität spricht man, wenn ein Zeichen mehrere Bedeutungen hat. Es ist also die Steigerungsform von Doppeldeutigkeit oder Zweideutigkeit. Sollte es jemals ein Zeitalter der Eindeutigkeit gegeben haben, es ist vorbei – das Zeitalter der Digitalisierung ist ambig. Jetzt, da ich im digitalen Duden scrolle, stolpere ich über das Substantiv „das Ambigu“, laut Definition ein „Gemisch entgegengesetzter Dinge“. Ambigu erscheint mir eine ausgezeichnete Metapher für die Digitalität zu sein. Fühlt sich das Leben in der digitalisierten Gesellschaft nicht zuweilen zugleich richtig und falsch an, leicht und schwer oder wie Himmel und Hölle? Ende Oktober meldet die Tagesschau, dass Google nach eigenen Angaben ein bedeutender Schritt bei der Entwicklung von Quantencomputern gelungen sei. „Mit Hilfe seines Prozessors Sycamore ist es möglich, eine Kalkulation in 200 Sekunden zu erledigen, für die der aktuell schnellste Supercomputer 10.000 Jahre benötigen würde, schreiben Forscher in einem Beitrag für das Wissenschaftsmagazin ‚Nature‘. Damit sei die Demonstration der ‚Quantenüberlegenheit‘ erstmals gelungen.“* Quantenphysik in den Nachrichten habe ich bisher nur im Zusammenhang mit der Verleihung des Nobelpreises für Physik wahrgenommen. Zu dem, was dann weiter ausgeführt wird, wünsche ich mir sofort eine Quarks & Co.Sendung: Während bei einem binären Computer die kleinsten Einheiten, Bits genannt, entweder den Zustand 0 oder 1 annehmen, folgen Quantencompu- ter den Gesetzen der Quantenmechanik - sie können mehrere Zustände zur selben Zeit darstellen. Okay … Computer, die Rechenoperationen ausführen, die auf ambivalenten Informationen basieren … ich staune. Was das mit Schulbildung zu tun hat? Als ich – Generation Babyboomer – zur Schule ging, lernte ich im Physikunterricht einiges über Elektrizität und Elektronik, zum Beispiel über Transistoren. Meine Töchter – Generation Y – lernten bereits etwas über Informatik, z.B. wie viele Transistoren auf einen Computerchip passen. Angesichts des exponentiellen Wachstums technischer Innovationen wird meine Enkelin – Gene- ration Z+1 – wohl in der Schule lernen, wie ein Quantencomputer funktioniert. Da es vom Transistor aus den 1970er-Jahren zum Google-Prozessor Sycamore ein ‚Quantensprung‘ ist, vermute ich, dass ich ihr mit meinem Schulwissen bei den Hausaufgaben wenig weiterhelfen kann. Aber vielleicht kommt es in Zukunft nicht mehr so sehr auf das Wissen an, wie es meine Generation vergöttert, sondern mehr darauf, das Feld zu bespielen, nicht zu entschlüsseln. Die Überschrift dieses Editorials ist auch die Überschrift eines Interviews, das ich mit Prof. Ulrike Bertram von der IDfactory der TU Dortmund führen durfte (S.55). Darin fordert sie: „Wir sollten 50% wissenschaftliches Denken und Handeln lehren und 50% künstlerisches Denken und Handeln.“ Ich wünsche mir, dass die Beiträge dieser Ausgabe Sie zu beidem animieren. Ihr Jürgen Luga P.S. Mein aktuelles Lieblingswort ist Serendipity. *https://www.tagesschau.de/wirtschaft/googlequantencomputer-105.html DIGITALE SCHULE LIVE ERLEBEN Medienentwicklungsplanung | Netzwerklösungen & Infrastruktur | Medienpädagogische Workshops | Tablet-Nutzung im MINT-Bereich | Förderfähige Produkte & Dienstleistungen im DigitalPakt | u. v. m. Anzeige TERMIN 28. U N T E R N E H M E N– 30. Januar 2020 LEARNTEC | Messe Karlsruhe | Halle 2 | Stand I70 Messeallee 1 | 76287 Rheinstetten DIGITALE BEHÖRDE Weitere Informationen und kostenfreie Anmeldung auf schule.rednet.ag DIGITALE SCHULE GBaEnGzehLrefEoiItlTlgiVcrheEeiRcAhLöeNnsSuDTnAiggLeiTtnaUlfNPüarGkeEtiNne: n REDNET AG | IT-AUSSTATTER für Behörden und Bildungseinrichtungen Carl-von-Linde-Straße 12 | 55129 Mainz T 0 61 31 . 250 62-0 | F 0 61 31 . 250 62-199 info@rednet.ag | www.rednet.ag | schule.rednet.ag bildung+ schule digital 2/2019 3 DIGITALE HOCHSCHULE
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