schule + herausforderungen Kinder sollen und wollen (mehr) mitbestimmen Praktische Impulse für das Lernfeld Demokratiebildung Kinder haben ein Recht auf Mitbestimmung. Wie kann dieses Kinderrecht in der Grundschule qualitätsvoll erfahrbar gemacht werden? Basierend auf Ergebnissen und Handlungsempfehlungen einer Kinderstudie zeigen wir in diesem Beitrag praktische Impulse für das Lernfeld „Demokratiebildung” auf. Kinder sollen und wollen mehr mitbestimmen! Angesichts zunehmender gesellschaftlicher Tendenzen, welche die Demokratie gefährden, erscheint es unerlässlich, schon Grundschul- kindern ihr Kinderrecht auf Mitbestimmung (Art. 12, UN-KRK) in einem angemessenen Rahmen zu gewähren, damit sie erfahren, dass ihre Meinung gehört wird und sie an Entscheidungsprozessen teilhaben können. Jedoch zeigen (inter-)nationale Studien, dass Grundschulkinder im schulischen Kontext wenig Mitbestimmung wahrnehmen und zu- dem eine Diskrepanz zwischen der Wahrneh- mung der Kinder und Lehrkräfte vorliegt (Ertl et al. 2022). Was ist Mitbestimmung? eine qualitätsvolle Mitbestimmung jedoch gleichermaßen von Bedeutung. Die Studie „Kinder reden mit“ In der Studie „Kinder reden mit” im Auftrag der Deutschen Kinder- und Jugendstiftung (DKJS) wurden 61 Einzelinterviews und 22 Gruppen- diskussionen mit 173 Kindern durchgeführt (Martschinke et al. 2023). In Form eines Er - zähltheaters (Kamishibai) mit Tierpuppen, welche die Mitbestimmungsfacetten verkör- pern und eine kindgerechte Geschichte erzäh- len, wurden Grundschulkinder befragt, welche Mitbestimmungsmöglichkeiten sie wahrneh- men und welche sie sich wünschen. Die Kinder berichten in den Einzelinter- views am häufigsten von Mitbestimmung im Wochenplan, im Unterricht, bei der Wahl des Sitzplatzes und im Klassenrat. Am we- nigsten werden Klassenregeln, Klassenritua- le, Zimmergestaltung und Lernzielkontrollen genannt. Die Ergebnisse der Gruppendiskus- sionen zeigen, dass Kinder in der kollektiven Sichtweise vor allem das Mitentscheiden, Mit- planen und Mitberaten wahrnehmen und we- niger oft „informiert und gehört werden” be- wusst erleben. Die Kinder wünschen sich am häufigsten Mitbestimmung bei der Auswahl von Fächern und Themen im Jahres- und Tagesablauf, bei der Gestaltung von Hausaufgaben sowie Ar- beitsblättern und der Beurteilung von Leistun- gen. Auch die Gestaltung und Planung von Ri- tualen wie Geburtstagen wird genannt (vgl. Abb. 2). Die Aussage eines weiteren Kindes, „im Kreis auch [die] eigene Meinung sagen [zu] dürfen“, verdeutlicht ebenfalls den Wunsch nach mehr Mitbestimmungsmöglichkeiten. Der Begriff der Mitbestimmung wird zum Teil mit Begriffen wie Partizipation und Teilhabe synonym verwendet, wobei das vorliegen- de Mitbestimmungsverständnis vor allem auf Artikel 12 der UN-KRK basiert (Ertl et al. 2022). Neben der ausschließlichen Gewäh- rung von Beteiligungsmöglichkeiten für Kin- der ist es bezüglich des Rechts auf Mitbe- stimmung auch von Bedeutung, dass Kinder informiert werden und individuelle Meinungen einbringen können (ebd.). Darauf aufbauend haben Ertl et al. (2022) vier Facetten der Mit- bestimmung formuliert, die Mitbestimmung als kollektiven Aushandlungsprozess erfas- sen und in der Sprache der Kinder formuliert sind (vgl. Abb. 1). Diese Forderungen aus der Kinder perspektive weisen zwar ein unterschiedlich hohes Maß an Mitbestimmung auf, sind für Mitbestimmung in der Schule braucht Augenhöhe – im wahrsten Wortsinn. 10 bildung+ lernen | 2024 © stock.adobe.com, ChGuss
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